Im Heiligen Land hat man über die Jahrtausende eine gewisse Erfahrung mit Wundern gesammelt, und so wird auch das jüngste Kapitel in der Geschichte des weltweit bestaunten "israelischen Wirtschaftswunders" mit geschäftsmäßiger Gelassenheit registriert. Für 3,6 Milliarden Euro kauft der israelische Teva-Konzern das Ulmer Unternehmen Ratiopharm - na und? Die ehemalige Drogeriekette war ohnehin schon Weltmarktführer bei Nachahmer-Medikamenten, den sogenannten Generika. Und erst vor zwei Jahren hatte die Firma fast doppelt so viel in den USA investiert. Was gibt es sonst Neues?
Israels Wirtschaft schreibt seit einigen Jahren so viele Erfolgsgeschichten, dass das Wunder dahinter fast schon zur Alltagserfahrung geworden ist. Dabei steckte das von den Gründervätern sozialistisch geprägte Land noch in den neunziger Jahren tief im ökonomischen Schlamassel, und die Rahmenbedingungen könnten ohnehin verheerender kaum sein: Israel ist von Feinden umzingelt, die Kriegsgefahr ist ständig präsent.
Ein paar Fakten zum Wundern: In der Nationenwertung der elektronischen US-Börse Nasdaq liegt Israel auf dem zweiten Platz; nur die USA haben hier mehr Unternehmen gelistet. Das kleine Israel mit seinen 7,5 Millionen Einwohnern zieht auch mehr Wagniskapital an als Deutschland und Frankreich zusammen. Im sogenannten "Silicon Wadi" zwischen Tel Aviv und Haifa gibt es Tausende Startups, und alle großen Firmen von Intel über Google bis Siemens investieren dort inzwischen viele Milliarden Dollar und Euro.
Kein Wunder also, dass Israel weit besser aus der globalen Wirtschaftskrise gekommen ist als die meisten Länder des Westens. Selbst im Katastrophenjahr 2009, wo die Wirtschaft überall schrumpfte, wuchs Israels Wirtschaft noch um ein halbes Prozent. 2010 soll Israels Aufnahme in die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, gefeiert werden - mit einer Wachstumsrate von mindestens 3,5 Prozent.
Ohne Widersprüche ist das israelische Wunder nicht, doch jeder Fortschritt lebt vom Widerspruch und dem Willen, ihn zu überwinden. Die Israelis haben das nicht zuletzt von Theodor Herzl gelernt, dem Begründer ihrer modernen Staatsidee. In diesem Jahr wird sein 150. Geburtstag gefeiert, und überall wird er zitiert. "Wenn ihr wollt, ist es kein Märchen", hatte Herzl gesagt. Heute ist in Israel eine Stadt nach ihm benannt. Herzlija ist das Zentrum der High-Tech-Industrie.
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